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Wann wird ein Notfall zu einer Krise – und was ist dann zu tun?

Im Interview mit Jorge Klapproth von CKK Consult

Jorge Klapproth ist Krisenmanagementberater, Medientrainer und Executive Coach für Unternehmen, Organisationen, Verbände, Behörden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Wir haben mit ihm über Krisenmanagement im Bereich Kinder- und Jugendreisen gesprochen. Wie es zu einer Krise kommt und was sie von einem Notfall unterscheidet, lest ihr in unserem Interview.

Herr Klapproth, erzählen Sie doch erst einmal etwas über sich. Sie waren u.a. Berufsoffizier, Medienproduzent und TV-Journalist. Wie kommt man zu diesem Lebenslauf und schließlich zum Krisenmanagement?

Die Elemente meines beruflichen Schaffens greifen ineinander. Ich war immer schon vielseitig interessiert. Nach meiner Berufsausbildung zum Elektroniker bin ich zur Bundeswehr und habe als Offizier an der Universität der Bundeswehr in München Nachrichtentechnik mit dem Abschluss als Diplom-Ingenieur studiert. Schon während meiner Dienstzeit war ich nebenamtlich als Chefredakteur für eine Fachzeitschrift tätig. Diese journalistische Tätigkeit hat mir viel Freude bereitet. Da ich zunächst als Hobby auch Videofilme von Privatveranstaltungen gedreht hatte, sollte ich bald darauf auch dienstliche Filme, z.B. als Schulungsfilme produzieren. 

Nachdem ich die Bundeswehr verlassen hatte, habe ich mich zum professionellen Medienproduzenten ausbilden lassen und mit meiner Frau ein Medienproduktionshaus und einen regionalen Fernsehsender gegründet. 

Wir lernten als Dozenten für Mediengestalter bald darauf einen Medientrainer kennen. Gemeinsam mit ihm haben wir in den folgenden Jahren bundesweit Kommunikations-, Medien- und Krisenmanagementtrainings durchgeführt. Von da an war der eigene Weg ins Krisenmanagement nicht mehr weit.

Wie unterscheidet sich eine Krise von einem Notfall?

Bei einem Notfall sprechen wir von einer besonderen Situation, die in aller Regel sofortiges Handeln erfordert. Wenn für mögliche Notfallszenarien, die vorhersehbar sind, entsprechende Vorkehrungen getroffen wurden, lassen sich Notfälle häufig beherrschen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Piloten werden permanent auf mögliche Notfallsituationen vorbereitet, die bei dem Flugbetrieb eines Flugzeugs entstehen können. Wenn ein solcher Notfall eintritt, wissen sie, was zu tun ist, um dem Notfall begegnen zu können. 

Ähnliches gilt für den Brand eines Hauses: Die Kommune hält eine Feuerwehr vor, die die Brandbekämpfung übt und dem Brand mithilfe von Wissen, Möglichkeiten und Fähigkeiten begegnen kann, um Gefahrenherde auszuschalten und den Schaden so gering wie möglich zu halten. Unternehmen, wie Behörden und andere Einrichtungen, bereiten sich in aller Regel gut auf spezifische Risiken, die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit verbunden sind, vor. Je nach Branche werden die einzuleitenden Maßnahmen in einem Alarm- und Gefahrenabwehrplan festgehalten. 

Eine Krisensituation geht über den Notfall hinaus und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass ihr Ausgang völlig offen ist. Die Verantwortlichen haben keine „Baupläne“, wie sie der Krise begegnen können. Häufig wird eine Krisensituation von großer öffentlicher Aufmerksamkeit begleitet. Die Verantwortlichen sehen sich ebenso häufig mit der Schuldfrage konfrontiert und müssen sowohl organisatorisch-administrative Maßnahmen treffen, als auch kommunikativ, sowohl zu den eigenen Mitarbeitern, wie auch zur Öffentlichkeit wirken. Es liegt ein großer Druck auf den handelnden Personen. Eine Hauptaufgabe in der Krisenkommunikation ist vertrauensbildend zu wirken, um größtmöglichen Schaden vom eigenen Haus und den betroffenen und handelnden Personen abzuwenden. 

Eine Krise kann z.B. aus einer nichtbewältigten Notfallsituation heraus entstehen. 

Was sind Beispiele für Krisen, die während eines Feriencamps oder einer Jugendreise auftreten können?

Feriencamps und Jugendreisen sind vom Wesen her mit positiven Gefühlen für alle Beteiligten verbunden. Alles, was diese positiven Grundgefühle stört oder zunichte macht, ist potenziell geeignet krisenauslösend zu sein. Krisen werden vor allem subjektiv wahrgenommen. Was für den einen eine handfeste Krise ist, stellt für jemand anderen vielleicht lediglich eine Herausforderung oder ein Problem dar.

Nehmen wir an, ein Kind verunglückt während eines Feriencamps schwer. Für das betroffene Kind und die Eltern liegt vermutlich ein Notfall vor, für den behandelnden Arzt ist es möglicherweise ein alltäglicher Einsatz. Für den Betreiber des Feriencamps kann es aber eine handfeste Krise werden, wenn z.B. Vorwürfe der Eltern wegen vermeintlicher Verletzung der Fürsorge- und Aufsichtspflicht laut werden, wenn zuständige Behörden, wie die Staatsanwaltschaft, sich einschalten und Presse und Öffentlichkeit aufmerksam werden. 

Nehmen wir an, es gibt einen Noro-Virus-Ausbruch in einem Feriencamp. Das ist in erster Linie ja ein Notfall. Was kann dazu führen, dass aus dieser Notfallsituation eine Krise wird?

Häufig werden Krisen induziert, wenn von den Stakeholdern, also den Interessengruppen, die Erwartungen im Umgang mit einer Notfallsituation nicht erfüllt werden. Die unterschiedlichsten Interessengruppen müssen in so einer besonderen Situation berücksichtigt werden. Das sind zum einen die unmittelbar Betroffenen selbst, die daran interessiert sind, wie die Verantwortlichen mit der Situation umgehen. Aber auch Mitarbeitende, Aufsichtsbehörden, Ermittlungsbehörden, die Medien, Angehörige von Betroffenen, eigene Aufsichtsgremien usw. müssen ins Blickfeld der Betrachtung genommen werden. Alle wollen wissen: Was ist passiert? Wie konnte das passieren? Wie hätte das verhindert werden können? Was unternehmt ihr, um den entstandenen Schaden so gering, wie möglich zu halten?

Wenn der Eindruck entsteht, es wurde nicht alles getan, was möglich ist und auch nicht ausreichend oder richtig kommuniziert, ist eine Krisensituation wahrscheinlicher geworden. Es gilt der allgemeine Grundsatz: Es kommt nicht darauf an, was passiert, sondern wie man damit umgeht. 

Im Falle des beschriebenen Ausbruchs eines Noro-Virus in einem Feriencamp, könnte schon die verspätete Meldung an die Gesundheitsbehörden zu einer Krise für den Betreiber werden.

Wie geht ein Veranstalter von Kinder- und Jugendreisen nun mit dieser Krise um?

Im Umgang mit Krisensituationen gilt immer der Grundsatz von Offenheit und Transparenz. Es sollte jeder Anschein von Verdunklung, Verschleppung oder der voreiligen Zurückweisung von Schuld an einem Ereignis vermieden werden. Denn genau das sind häufig krisenauslösende oder krisenverstärkende Verhaltensweisen. Im Gegenteil: Der bekundete Wille, die Ursachen für das Ereignis zu ermitteln und mögliche Konsequenzen zu ziehen, sollte in einer Krisensituation deutlich werden. Das schafft Vertrauen. Und genau darum geht es in Krisensituationen. 

Haben Sie Tipps für ein gutes Krisenmanagement? 

Ein gutes Krisenmanagement setzt eine ebenso gute Krisenprävention voraus. Zwar ist jede Krise anders. Aber die Abläufe lassen sich vorhersehen. Dementsprechend kann man sich mithilfe allgemeiner präventiver Maßnahmen vorbereiten. In einem Regelwerk sollte beschrieben und festgelegt werden, wer die verantwortliche Person für das Krisenmanagement ist, welche Personen einen Krisenstab bilden, welche Verfahren und Abläufe nach Feststellung eines Krisenfalls gelten, wie und mit wem, wann in die Krisenkommunikation eingetreten wird. Es geht bei einem guten Krisenmanagement vor allem darum in der ersten Phase einer erkannten Krise schnell handlungsfähig zu sein, und zwar organisatorisch-administrativ und kommunikativ. Nur dann lässt sich eine Krise beherrschen. 

Gibt es präventive Maßnahmen, die jeder Veranstalter vor der Reise beachten sollte?

Natürlich gehören Notfallpläne für naheliegende Risiken, die mit der Reise verbunden sind ins Handgepäck. Damit eben aus einem möglichen Notfall keine Krise entsteht. Dazu müssen die spezifischen Risiken analysiert und gewichtet werden. Es empfiehlt sich die erkannten Risiken nach Wahrscheinlichkeiten des Eintretens, etwa aufgrund von Erfahrungen, und nach Höhe des zu erwarteten Schadens zu gewichten. Manche Risiken können durch vorbereitete Maßnahmen minimiert werden, andere können verlagert oder sogar ausgeschlossen werden. 

Es geht darum, die möglichen Risiken so klein wie möglich zu halten. Ganz ausschließen kann man sie nicht. Wenn beispielsweise technische Mittel, wie ein Bus zum Transport der Jugendlichen, in einwandfreiem Wartungszustand ist, so kann das Risiko des Liegenbleibens oder eines Unfalls aus technischen Gründen deutlich minimiert werden. Ähnliches gilt für das Begleitpersonal: Je besser es allgemein und auf besondere Situationen vorbereitet wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit des umsichtigen Verhaltens in Krisensituationen. Allgemein sollte ein Plan existieren, wie man auf besondere Ereignisse reagieren kann.

Ab wann sollte ein Profi wie Sie mit ins Boot geholt werden und wie lange kann ich als Veranstalter meine Krisen selbstständig managen?

Das hängt sehr von der Art der Krise und von den handelnden Personen ab. Wenn noch kein geplantes oder ausgereiftes Krisenmanagement vorhanden ist, sollten schon im Vorfeld erfahrende Spezialisten eine Krisenmanagementanalyse durchführen und dem Veranstalter Empfehlungen für ein passgenaues Krisenmanagement machen. Das sieht für jedes Haus bzw. jeden Veranstalter anders aus, weil es auf die speziellen Bedürfnisse ausgerichtet wird. In der Krisensituation kann vor allem die kommunikative Säule des Krisenmanagements von entscheidender Bedeutung sein. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich so früh wie es geht, unmittelbar nach Bekanntwerden eines Ereignisses, einen Kommunikationsberater, der auf das Krisenmanagement spezialisiert ist, hinzuzuziehen. 

Vielen Dank für das Gespräch!

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Romie

Romie zieht als kreativer Kopf des Online-Magazins mit besonderem Geschick die Fäden, sobald es rund um PR und Marketing geht. Wenn sich Journalisten bei Juvigo melden, bildet sie die sympathisch-aufgeweckte Stimme hinter dem Team - und das aus erfahrener Überzeugung! Als Kind war Romie das ein oder andere Mal in den Reiterferien, ihr Herz gehört aber dennoch bis heute den Action-Camps, obwohl sie früher Neptunfeste als ihren Erzfeind auserkoren hatte. Stattdessen standen Nachtwanderungen und Schnipseljagden auf dem Lieblingsprogramm! Heute vertreibt sich Romie ihre Freizeit mit Nähen, Radfahren und dem Backen köstlicher Spezialitäten. Außerdem unternimmt sie viel mit Familie und Freunden.

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