Peter Schuto, Vorsitzender des Fachverbands Deutscher Sprachschulen und Sprachreise-Veranstalter e.V. hat mit uns gesprochen und uns erzählt, welche Vorteile dir eine Sprachreise bieten kann. Wohin die meisten Menschen fahren, welche Sprache sie dort lernen und ob sich Sprachreisen und Sprach-Nachhilfe ausschließen oder ergänzen, erfährst du hier.
Wem empfiehlst du eine Sprachreise?
Jedem! Im Ernst: Eine Sprachreise bringt immer einen Zugewinn an Sprachkompetenz. Ob ich als Schüler meine Englischnote verbessern will, als Berufstätiger mein Französisch oder Spanisch auffrischen muss oder meine Liebe zum italienischen Dolce Vita entdeckt habe: Sprachkenntnisse sind der Schlüssel zur Kommunikation.
Wieso empfiehlst du eine Sprachreise?
Weil der ganzheitliche Ansatz einer Sprachreise von keiner anderen Lernform getoppt wird. Zum einen bin ich in der entspannten Urlaubsatmosphäre per se aufnahmefähiger, als zuhause zwischen allerlei Routine und Terminen. Zum anderen bin ich während der Reise aber auch von morgens bis abends von der Sprache umgeben. Da lerne ich eben nicht nur während des reinen Sprachunterrichts, sondern quasi rund um die Uhr. Ich lausche den Gesprächen am Nachbartisch im Café, frage Passanten nach dem Weg und lasse mich beim Shoppen beraten. Das nennen wir „Total Immersion“.
„Wir fallen in Schockstarre, wenn wir spontan in einer Fremdsprache angesprochen werden.“
Diese Praxiserfahrung ist es, die in der Schule zuhause immer zu kurz kommt: Wir lernen trockene Grammatik und analysieren Texte bzw. anspruchsvolle Literatur, aber fallen in Schockstarre, wenn wir spontan in einer Fremdsprache angesprochen werden. Die „echten“ Menschen klingen dann nämlich anders, als die Lehrer zuhause im gewohnten und ungestörten Lernumfeld.
Viele Eltern befürchten, dass ihre Kinder auf Sprachreisen im Alltag vor allem Deutsch sprechen. Sprechen Teamer und Guides vor Ort die Landessprache?
Zuerst einmal muss klar festgehalten werden, dass die eigene Motivation und Bereitschaft entscheidend dafür ist, wie konsequent ich – auch als Jugendlicher – in der Landessprache bleibe. Aber selbstverständlich spricht das Personal der Schulen die Landessprache. In der Regel sind es ja Einheimische, das gilt für die Sprachlehrer ebenso wie für die Mehrzahl der Betreuer, Teamer und Guides.
Fun Fact am Rande: Ich sollte übrigens nicht davon ausgehen, dass ich in einer englischen Sprachschule nur auf Engländer treffe! Da sind nämlich ganz viele polyglotte Amerikaner, Australier, Inder und andere Nationen vertreten – alles eine Folge des Commonwealth, als Großbritannien seine „Satelliten“ auf der ganzen Welt hatte. Und das ist für uns in der Kommunikation genauso interessant, wie an der Südküste auf einen Sprachlehrer aus Schottland zu treffen.
Gibt es dennoch eine deutschsprachige Reiseleitung?
Bei Jugendsprachreisen werden oft zumindest ergänzend deutschsprachige Teamer eingesetzt. Das fängt zum Beispiel bei der betreuten Anreise an und hat vor allem mit der Aufsichtspflicht zu tun, die während der Reise von den Eltern auf die Sprachschule übertragen wird. Als Sprachschule will ich sicherstellen, dass es meinen Kunden während des Aufenthalts gut geht. Und durch deutschsprachige Teamer kann ich gewährleisten, dass keine Hürde besteht, wenn ein Schüler mal ein Problem hat.
Seriöse Sprachreise-Veranstalter kommunizieren in ihrer Katalog- oder Online-Ausschreibung, wie sie dieses Thema behandeln. Ansonsten empfehlen wir immer, aktiv nachzufragen. Ich kenne in unserem Verband keinen Veranstalter, der nicht so lange Rede und Antwort steht, bis letzte Fragen beantwortet sind.
Welche sind die Top-Reiseziele?
Großbritannien steht an Nummer 1, und zwar mit weitem Abstand. Das liegt zum einen an der Nähe, denn viele Veranstalter bieten die klassische Busreise an. Das Land ist also günstiger als reine Flugziele bzw. Reisen nach Übersee. Und auch wegen des kulturellen Hintergrunds. Die Briten sind uns gesellschaftlich nahe, es gibt seit Jahrzehnten ein hervorragendes Angebot an Sprachschulen und Maßstäbe setzende nationale Qualitätssysteme, wie zum Beispiel die Zertifizierung durch „British Council“.
Und aufgrund der einfachen Anreise bietet sich Großbritannien auch schon für kurze Aufenthalte ab einer oder zwei Wochen an. Als Faustformel gilt: Je länger und aufwändiger die Anreise, desto länger sollte der Aufenthalt sein. Andersherum gesagt: Wenn ich einen vierwöchigen Sprachkurs plane, fällt auch ein Langstreckenflug preislich nicht mehr so ins Gewicht. Da kann es dann schon mal Kanada oder Australien sein.
Aber zurück zu den Reisezielen: An zweiter Stelle steht Malta – ebenfalls englischsprachig und gerade zu Ostern oder im Herbst aufgrund des Wetters beliebt. Erst danach kommen die Überseeziele USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika.
Die Nachfrage nach Französisch, Italienisch und Spanisch ist im Vergleich zu Englisch – insbesondere im Jugendbereich – sehr viel geringer. Aber letztlich hängt die Entscheidung, „meine“ Sprache zu lernen, nicht von der Nachfrage anderer Schüler ab. Und es gibt für nahezu jede Sprache entsprechende Angebote – auch für Arabisch, Chinesisch, Japanisch oder Russisch.
Ist eine Trendumkehr oder ein Rückgang der Buchungen nach England durch die Brexit-Verhandlungen spürbar?
Nein. Zu Beginn der Verhandlungen nach dem ersten Referendum haben wir zwar eine Zunahme von Anfragen registriert, weil Eltern unsicher waren, was sich in puncto Zoll- und Visabestimmungen ändert. Aber durch die inzwischen verstrichene Zeit sind die bereitgestellten Informationen so umfassend, dass inzwischen alle davon überzeugt sind, dass sich im touristischen Bereich erst einmal nichts ändern wird. Das Land wird keine Mauer errichten, für alles wird es erst einmal Übergangsregelungen geben.
Es gibt ja verschiedene Unterbringungsmodelle. Zum Beispiel Gastfamilien, Boarding-School oder Hotel. Was ist besonders populär und was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile?
Der Klassiker ist die Privatunterkunft bzw. Gastfamilie. Das ist oftmals die günstigere Alternative, aber auch in der Sprachanwendung und als Einblick in die Alltagskultur des Gastlandes sehr interessant. Allerdings sollte man hier die Ansprüche nicht allzu hoch schrauben: Für viele Gastfamilien ist die Aufnahme von Gastschülern ein alltäglicher Vorgang. Die Leistung der Familie wird zwar von der Verpflegung bis zur Zimmerausstattung von der Schule überprüft, aber die Familie richtet nicht ihren gesamten Alltag nach den Gastschülern aus, sie lebt ihre ganz normale Routine weiter – mit weiteren Gästen im Haus.
Übrigens sprechen wir immer von Privatunterkunft, weil damit auch alleinstehende ältere Damen oder kinderlose Paare gemeint sein können.
Die Residence, gemeint ist im Schülerbereich ein Studentenwohnheim, das für die Semesterferien von einer Sprachschule genutzt wird, ist eine Alternative, wenn ich mir vielleicht bei meiner ersten Sprachreise nicht sicher bin, ob ich in einer anfangs fremden Familie klarkomme. Da sind dann die Betreuer rund um die Uhr dabei und machen Programm.
Ein Hotel ist im Jugendbereich eigentlich unüblich, außer es handelt sich um eine explizit touristische Destination wie z. B. auf Malta. Generell kann man sagen, dass Hotels allein schon wegen des Preisniveaus keine attraktive Alternative für Schüler darstellen.
Sprachreise oder Englisch-Nachhilfe?
Beides, wenn nötig. Muss ich dringend etwas für meine Note tun, sollte ich während der Schulzeit meine Defizite durch gezielte Nachhilfe ausgleichen. Die Sprachreise gibt dann neue Motivation für den Unterricht zuhause. Ich erkenne, dass ich die Sprache nicht für die Schule, die Lehrer oder die Eltern lerne, sondern in erster Linie für mich allein – weil mir jede Sprache ein neues Universum mit unendlichen Möglichkeiten eröffnet.
Und als begeisterter Sprachliebhaber kann ich meinen Fähigkeiten den letzten Schliff geben. Denn auch gute Schulnoten heißen ja nicht, dass ich toll kommunizieren kann.
Welche Bedingungen muss eine Sprachschule erfüllen, um vom FDSV zertifiziert zu werden?
Eine ganze Menge! Wir haben die Situation, dass bereits vor einigen Jahren eine europäische Norm für Sprachreisen verabschiedet wurde, die DIN EN 14804. Der FDSV war federführend in diesem Abstimmungsprozess zwischen allen europäischen Ländern. Im Ergebnis haben wir seitdem klare Spielregeln: Von der Qualifikation der Lehrer über die Anforderungen an Unterkünfte und Unterrichtsräume bis hin zu Managementprozessen ist alles eindeutig formuliert. Allerdings gehen die FDSV-Richtlinien noch etwas über die Norm hinaus, das heißt wir sind bei unseren Inspektionen in vielen Details strenger als die Norm es erfordert.
Für unsere Kunden – Eltern, Schüler und Lehrer – ist es wichtig zu wissen, dass ein Sprachreise-Veranstalter dann seriös arbeitet, wenn er sich in die Karten gucken lässt. Unsere Mitglieder im FDSV lassen sich regelmäßig überprüfen und unterliegen vielfältigen Standards. Letztendlich beobachten wir uns auch alle gegenseitig, was im Ergebnis eine hohe Qualität und Kundenfreundlichkeit bedeutet. Wenn „FDSV“ dransteht, ist Qualität drin!
Peter Schuto ist 1. Vorsitzender des Fachverbands Deutscher Sprachschulen und Sprachreise-Veranstalter e.V.
www.FDSV.de
Du möchtest eine Sprachreise buchen oder dich noch weiter beraten lassen? Dann wende dich gerne direkt an unsere Kundenberater unter der 030 – 86 800 10 60.
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